Preisträger 2025
Mehr Raum fürs Miteinander
Mobile Jugendarbeit und Soziokultur e. V. in der Kategorie Miteinander stärken – Land gestalten (Demokratie)
»Wir gestalten Räume, in denen Menschen Mut fassen, ihre Heimat mitzugestalten.« Einst galten die Teluxwerke in Weißwasser als wichtiger Glasstandort. Der Strukturwandel stellte die Fläche vor neue Herausforderungen – gleichzeitig boten sich Chancen: Mit dem Einzug des Vereins für Mobile Jugendarbeit und Soziokultur erhielt das Areal neue Impulse, wurde umgebaut und kulturell neu gedacht. Seit 2017 ist das »Soziokulturelle Zentrum Telux« ein Treffpunkt für Menschen aller Generationen.
»Bei uns ist für alle etwas dabei«, sagt Patrick Pirl aus dem Team Kultur- und Veranstaltungsmanagement. Ob Strickkurs, Kinoabend, Kneipenquiz oder Werkeln am 3D-Drucker – Offenheit, Mitwirkung und Spaß stehen im Mittelpunkt. Besonders stolz ist Pirl auf Großevents wie den Weihnachtsmarkt und das »Lausitz Festival«, die hunderte Besucher anziehen.
Ein wichtiges Ziel des Vereins: Jugendliche niedrigschwellig zu erreichen. Durch Kooperationen mit Schulen und Betrieben entstehen enge Kontakte. Zudem müssen Jugendliche nicht mehr draußen nach Treffpunkten suchen – im »Telux« stehen ihnen Räume und Projekte für ihre Selbstverwirklichung offen. »Wir unterstützen, ohne uns einzumischen, und motivieren, an eigenen Ideen dranzubleiben«, so Pirl.
All dies geschieht unter herausfordernden Bedingungen. »Doch gerade in gesellschaftlich schwierigen Zeiten wollen wir Räume schaffen, in denen Menschen sich begegnen und eine solidarische Region mitgestalten.« Der Sächsische Bürgerpreis würdigt dieses Engagement.
Das ›Soziokulturelle Zentrum Telux‹ in Weißwasser ist ein lebendiger Ort für Kultur, Engagement und Begegnung. Menschen aus ganz unterschiedlichen Lebenswelten finden hier nicht nur Räume, in denen sie sich ausprobieren können, sondern auch eine Gemeinschaft, die sie trägt.
(Franziska Stölzel, Sozialwissenschaftlerin aus Weißwasser mit Schwerpunkt auf Strukturwandel, »Raumpionierstation Lausitz«)
Gesundheit für alle
Sächsischer Anonymer Behandlungsschein e. V. in der Kategorie Menschen helfen – Gemeinsinn stiften
»Am Anfang waren Zoom-Treffen und ein kleiner E-Mail-Verteiler«, erinnert sich Sophie Pauligk. 2020 schlossen sich junge Medizin- und Psychologiestudenten zusammen, um den Verein zu gründen, mitten in der Corona-Pandemie. Ihr Ziel: Menschen zu unterstützen, die ohne Krankenversicherung leben. Die Psychologin Pauligk koordiniert heute ein Team aus 46 Haupt- und Ehrenamtlichen, das landesweit Beratung anbietet und in Riesa eine zentrale Clearingstelle betreibt.
Der Verein hilft Betroffenen, wieder Zugang zu einer Krankenversicherung zu bekommen, begleitet sie durch bürokratische Verfahren und psychosoziale Notlagen. Durch anonyme Behandlungsscheine erhalten sie medizinische Hilfe, ohne ihre Identität offenbaren zu müssen. »Es macht einen riesigen Unterschied, dass es uns gibt, und die Dankbarkeit der Patienten spüren wir jeden Tag«, so Pauligk. Für viele ist der anonyme Behandlungsschein lebensnotwendig: für Wohnungslose, Menschen ohne Papiere, psychisch Erkrankte, aber auch ältere Selbstständige, die ihre Beiträge nicht mehr zahlen können.
Das Team arbeitet in Riesa, Dresden, Chemnitz, Borna und Torgau, und wird durch die Richtlinie »Integrative Maßnahme« des Freistaates unterstützt. Einen Großteil ihrer Arbeit leisten die Engagierten bis heute ehrenamtlich. Für die Zukunft wünscht sich Sophie Pauligk eine stabile Förderung, mehr Netzwerkpartner – und einen Fonds für Notfallbehandlungen. »Wir wollen, dass niemand aus Angst oder Scham auf eine lebenswichtige Behandlung verzichtet. Gesundheit darf kein Privileg sein!«
Aus der gesundheitlichen Versorgung zu fallen, ist kein Randphänomen. Im Freistaat Sachsen gibt es zwischen 20.000 und 40.000 Menschen, die nicht krankenversichert sind.
(Maria Funke, Gleichstellungsbeauftrate der Landeshauptstadt Dresden)
Die Hüter der Bergbaugeschichte
Bergbau-Technik-Park e. V. in der Kategorie Traditionen pflegen – Geschichte verstehen (Heimat)
»Die Lebensleistung unserer Väter und Großväter darf nicht spurlos verschwinden«, sagt Gerald Riedel, Gründungsmitglied und heute Vereinsvorsitzender des Bergbau-Technik-Park e. V. in Großpösna. 2002 gründeten ehemalige Bergleute den Verein, um gigantische Maschinen des Braunkohlenbergbaus – vom Schaufelradbagger bis zur Lokomotive – vor der Verschrottung zu retten und einen lebendigen Erinnerungsort zu schaffen.
45 Mitglieder zählt der Verein heute, die meisten Ruheständler mit jahrzehntelanger Bergbau- und Technik-Erfahrung. Mit großer Fachkenntnis kümmern sie sich darum, die Exponate zu erhalten. »Jeder von uns bringt ein Stück persönlicher Erfahrung mit – ohne unsere Mannschaft würde hier kein Rad mehr laufen«, betont Vereinsmitglied Jürgen Frisch, bis 2015 Bürgermeister von Espenhain.
Bis zu 24.000 Menschen besuchen den Park jedes Jahr – vor allem Familien, Technikfans und Schulklassen. Entlang des Rundwegs durch den über fünf Hektar großen Park erleben sie den gesamten Förderzyklus eines Tagebaus und erfahren viel über Energiegewinnung und den Wandel der Region. »Wenn wir mit den Besuchern vor den Stahlriesen stehen, spüren viele erst, wie tief der Bergbau hier bei uns verwurzelt ist«, so Riedel.
Für die kommenden Jahre plant der Verein ein Großgerät begehbar zu machen und eine Ausstellung mit wieder funktionierenden Modellen aufzubauen. »Alles soll wieder laufen – damit unsere Enkel nicht nur Geschichten hören, sondern sehen, wie im Leipziger Revier gearbeitet wurde«, sagt Frisch.
Das ehrenamtliche Engagement der Vereinsmitglieder geht weit über das normale Maß hinaus. Die altgedienten Bergmänner sind mit ganzem Herzen dabei.
(Sören Rossa, Stadtverwaltung von Borna)
Zwischen Stille und Tatkraft
Sportangelgruppe Bobenneukirchen e.V. in der Kategorie Schöpfung bewahren – Natur schützen (Umwelt)
»Angeln bedeutet für uns Ausgleich, Ruhe und echtes Miteinander« – so beschreibt Thomas Pilz die Leidenschaft der Sportangelgruppe Bobenneukirchen e. V. Seit 1972 treffen sich hier Menschen jeden Alters, um an der Trinkwassertalsperre Dröda das zu erleben, was diesen Ort so besonders macht: absolute Stille. In der Trinkwasserschutzzone gibt es keinen Straßenverkehr, nur Natur. Die Gewässer sind anspruchsvoll, doch gerade das macht den Angelsport hier einzigartig. »Man braucht das Wissen von vor Ort, um hier Fische zu fangen«, sagt Pilz.
Beim Angeln kommen Jung und Alt ins Gespräch, teilen Erfahrung und finden einen Gegenpol zum Alltag. Der Verein unterstützt zudem die Landestalsperrenverwaltung beim Fischbesatz, dem bewussten Aussetzen einer größeren Anzahl von Fischen und befruchteten Fischeier, meldet Fangdaten und trägt damit zur Erhaltung des Bestands in der Region bei.
Zentraler Treffpunkt ist das frisch sanierte Vereinsheim, auf das der Verein besonders stolz ist. Das alte Vereinsheim wurde wegen zahlreicher Schäden abgerissen und in nur zwei Jahren fast komplett in Eigenleistung neu aufgebaut. Hier wird geschult, geschlachtet, gefeiert und gelernt. Beim Anglerstammtisch treffen sich dort alle zwei Wochen Menschen aller Generationen.
»Gemeinschaft, Vertrauen und der Spaß an der Sache – das soll bleiben«, so Thomas Pilz. Das Preisgeld des Sächsischen Bürgerpreises 2025 will der Verein in ein neues Eingangstor und einen Gartenzaun für das Vereinsgelände sowie in Arbeitsmaterialien investieren. »Wir sind stolz und dankbar für diese Anerkennung.«
Der Verein ist äußerst aktiv ist, macht das Leben in unserer Gemeinde attraktiver und schafft es auch, die Jugend ›mitzunehmen‹.
(Christian Klemet, Bürgermeister von Bösenbrunn)
Verantwortung, die Grenzen überwindet
Christliche Hilfe für Litauen e. V. in der Kategorie Global denken – lokal handeln
Seit fast drei Jahrzehnten engagieren sich Menschen aus Zwönitz für Kinder, Familien und Menschen mit Behinderung in Litauen. Was 1996 mit einer Partnerschaft zwischen der Kirchgemeinde Brünlos und der litauischen Gemeinde Šakiai begann, ist heute ein Netz aus praktischer, christlich geprägter Hilfe. Seit den ersten Tagen ist Johannes Kunze Motor dieses Engagements. 2022 gründete er gemeinsam mit anderen den Verein Christliche Hilfe für Litauen e. V. mit.
In den Jahren 2000 bis 2004 bauten Kunze und weitere Ehrenamtliche ein marodes Pfarrhaus zum Kinderheim um. Es entstanden zudem Räume für Menschen mit Behinderung und die »Anonymen Alkoholiker«. Zehn Jahre später folgte ein zweites Kinderheim mit familiengerechten Wohnbereichen für vier Familien mit je acht Kindern. Kirchgemeinden deutschlandweit mobilisierten dafür Spenden, hinzu kamen EU-Fördermittel.
»Unser Antrieb sind stets die Kinder. Wir haben in Litauen Dinge erlebt, die man sich hierzulande nicht vorstellen kann«, so Kunze. Bis heute haben rund 460 Kinder in den Heimen ein sicheres Umfeld und Zukunftschancen gefunden. Auch Tageskinder aus sozial schwachen Familien erhalten Hausaufgabenbetreuung und warme Mahlzeiten. In der Adventszeit packen Gemeinden im Umkreis von Zwönitz hunderte Weihnachtspakete, die Kunze mit Helfern nach Litauen bringt, wo er gelegentlich auch das Fest verbringt. Für 2026 plant der Verein Ausflüge für alle Kinder und die betreuten Menschen mit Behinderung in Šakiai.
Mit Herz, Ausdauer und gelebter Verantwortung unterstützt der Verein über Grenzen hinweg und setzt ein starkes Beispiel für Mitmenschlichkeit und internationalen Zusammenhalt.
(Wolfgang Triebert, Bürgermeister von Zwönitz)